Zum Aktualisieren loslassen…

Hallo Dunedin,
Du kannst ja nichts dafür, aber ich bin in einer Art Ruhezustand.
Jetzt war ich zwar da und doch habe ich dich so gut wie garnicht erkundet. Ich finde dich langweilig, Dunedin.

Das ist im Prinzip nicht schlimm. Vielleicht habe ich so einiges hier verpasst. Aber eigentlich ist das nicht so wichtig im Moment. Nachdem ich hier nun seit 10 Wochen durch das Land reise, Menschen treffe, die schönsten Plätze der Erde sehe und letztlich mein Leben gedanklich umkrempele ist es nun Zeit einfach mal die Klappe zu halten und Ruhe zu bewahren.

Es dürfte für die meisten ja nicht so überraschend sein. Nach dem gedanklichen Aufräumen und Ausmisten steht nun eine fast leere Kopfwohnung da. Das meiste ist ohne große Not aus dem Fenster geschmissen worden. Manches habe ich etwas wehleidig dem Sperrmüll übergeben, in der Hoffnung, andere können mit den Gedanken noch etwas anfangen.

Ein paar Dinge habe ich gestern einem Künstler übergeben. Ben wohnt seit 10 Jahren im abwechselnd in Berlin Xberg und in Dunedin. Eigentlich hat er den Rest der Welt schon gesehen und ist doch dabei ruhig und gelassen wie ein Baby. Es ist ihm nichts wichtig, wirklich garnichts. Weder seine Kunst, noch sein Geld, noch sein Wohnort. Er sagt, dass er es einfach alles so akzeptiert wie es ist. Er mag seine Kunst nicht, aber die Leute scheinen ihn zu feiern. Mit ihm durch Dunedin laufen ist fast schon nervig, weil ihn jeder hier kennt. Aber das geht in Ordnung. Er sagt nur immer wieder dasselbe: Es interessiert ihn nicht. Es stört ihn nicht und es freut ihn nicht. Er bleibt dabei gefühllos.
Ich ertappe mich dabei, wie ich ihn immer wieder die gleichen Fragen stelle. Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass einem das alles egal ist. Aber er wird nicht müde, es zu betonen.
Nach unserem treffen gehe ich spazieren. Es ist eigentlich schon Nacht und ich bin müde. Aber die Gedanken kreisen mal wieder. Ihm ist nichts wirklich wichtig. Mir schon. Ich bin mir selber wichtig. Dazu gehört der Ort an dem ich mich aufhalte, die Menschen mit denen ich mich umgebe und das, was ich den ganzen Tag so tue. Ich bin nicht mehr bereit an diesen drei Punkten größere Kompromisse einzugehen.

Wenn mir Personen, die mich umgeben, auf den Sack gehen werde ich nicht mehr politisch korrekt lächeln um die Situation friedlich enden zu lassen. Ich werde gehen.
Wenn mir ein Ort mit Langweile oder schlimmer noch mit „Naja, es ist ja eigentlich ganz nett hier“ entgegenschlägt, werde ich ihn verlassen.
Wenn mir eine Arbeit keinen Spaß macht oder ich keinen Sinn darin sehe, bis auf dass sie meinen Kühlschrank füllt, werde ich den Stift zur Seite legen und was anderes machen.

Schöne Vorsätze für’s neue Jahr, oder?

Ich grübele hier schon eine ganze Weile. Langsam ist’s dann wohl auch genug. Genug mit dem Grübeln, wie und wann man das alles möglichst ohne große Krisen in eine richtige Bahn lenkt.

Manches ist einfach nicht mehr zu retten.

Zum Aktualisieren muss ich loslassen.

Zu schnell…

Die Wolken bewegen sich zu schnell. Nicht nur für meine Kamera. Auch für mich. Manchmal glaube ich, dass sie das meiste viel zu schnell bewegt. Das will ich hier dokumentieren. Natürlich kann ich eine Kamera dazu bringen empfindlicher zu agieren. Ich kann die ISO-Zahl höher drehen. Damit die Belichtungszeit etwas runternehmen um den wirklichen Moment einzufangen. Aber verursache damit (bei dieser Kamera) ein höheres Rauschen.

Was ist Deine ISO-Zahl? Ab wann wird bei Dir das Rauschen sichtbar, ab wann zu stark? Wie viel kannst Du hinterher noch mit Photoshop retten? Und wie groß muss eigentlich Deine Belichtungszeit sein, damit Du etwas erkennst? Was kannst Du mit Deinem Schwarz-Weiß-Denken noch retten? Wann ist Dein Mondlicht einfach zu dunkel, um Deine Umgebung ohne Taschenlampe wahrzunehmen?

Tue Gutes und rede darüber…

Ich weiß dass das nicht allzu beliebt bei manchen Menschen ist, aber ich mache es trotzdem.

Ich tue etwas Gutes und ich werde darüber reden. Und zwar über folgendes:

Ein Abend im Casino. Das darf und soll man nie machen! Ich habe es trotzdem getan. Das erste mal in meinem 24-jährigem Leben. Roulette? Zu ungenau. Black Jack? Ich nehm‘ die Nutten! (<- Danke Bender) Poker? Joar … warum eigentlich nicht. Das kannst du wenigstens einigermaßen.

Sit’n’Go cash table – 100$ Buy-in. „Okay. 100$. Nicht mehr … Mr. Fullman! Nicht einen CENT mehr für Spiele!“.

Nach einer halben Stunde und zwei gespielten Händen. 260$. Nicht schlecht. Die Twitter-Antwort-auf-Frage: „Ich sollte jetzt aufhören.“

Hab’s nicht getan. 4 Bourbon-Cola und ein paar Spieler mit Re-buys … manche auch gerne mal mit 200$ … später: Ich sitze alleine am Tisch. Alle gegangen. Okay, nur der Dealer saß noch da. Er griff nach dem Geld und wechselte eifrig die Chips. Ein 500$ Chip flog auf meinen Platz. Am Schluss hatte ich: 726$. Abzüglich der 100$ Buy-in sind das 626 Kiwi-Dollar! „w000t?“ …

Ich fühlte mich … super. Meine Herren war das toll. Meine Herren. Mein verdammten, verfluchten, verf*ckten HERREN war das geil.

Zwei Minuten später. Ich stand auf dem Casino-Balkon. Und dachte nach. Was habe ich hier gerade getan? 100$ durch Zufall in 3 Stunden zu 726$ verwandelt. „Machste dit jetzt öfters Volli?“ schoss mir durch den Kopf. Danach: „Nein, dit machste net. Du  machst jetzt mal wat für den Rest… wird mal wieder Zeit“.

Dieses Geld geht komplett an die NZAF, die New Zealand AIDS Foundation. Diese Organisation hilft nicht nur Menschen, die HIV-infiziert sind oder AIDS haben. Diese Gruppe sorgt auch dafür, dass jeder in Neuseeland einen kostenlosen Test auf HIV, Syphillis und Hepatitis C bekommt. So oft er will und es braucht. Auch ich habe diesen Test hier schon gemacht. Warum das so wichtig ist? Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass sie infiziert sind. Sie leben weiter und stecken andere an. Nicht aus böser Absicht. Sondern, weil sie sich nicht haben testen lassen.

Diese Organisation macht sog. FAST-Tests (Free Anonymous Simple Test) für alle kostenlos und anonym(!) möglich.

Wenn ihr eine Organisation in Deutschland unterstützen wollt: Hier findet ihr Informationen der deutschen AIDS-Hilfe mit Einrichtungen in allen größeren Städten. Eure Spenden sind gerne gesehen. Und sie sind immer nützlich! Manchmal auch das Geld, was ihr durch Zufall in einem Casino gewonnen habt.

Danke!

Euer Christoph, euer Kiritopa.

Just a down to earth guy

Don’t tell me that you’re a so-called „down to earth“ guy. Having a day job, a house, and a few normal hobbies doesn’t make you „down to earth“.

Down to earth – auf dem Boden geblieben. Auf dem Teppich geblieben. Das bin ich auch. Die Frage ist nur, ob Dein Teppich fliegt (frei nach Rainald Grebe).

Es erinnert mich manchesmal an Lebensläufe, wo Menschen hineinschreiben, dass sie selbstständig arbeiten können und teamfähig sind. Na ACH! Da bin ich aber schwer beruhigt, dass ich Dir nicht jedes mal auf’s neue sagen muss, was zu tun ist. Im Ernst: Wenn wir das nicht könnten, selbstständig arbeiten, dann wären wir in so gut wie jedem Job falsch.

Genauso verhält es sich mit dem „down to earth“ Typ. Natürlich bist du das. Wer will schon einen abgehobenen Spinner kennenlernen, der sein Leben lieber oben in einem Schloss verbringt und den Blick für Wesentliches längst gegen Bad-Armaturen aus Gold und der schwarzen American Express eingetauscht hat.

Sag mir nicht, dass du auf dem Boden geblieben bist. Erklär mir lieber, wie du so über diesen Boden läufst. Mir kann es ja schnuppe sein, ob du auf dem Boden bist, wenn du da eh nur rumstehst. Dann setz dich lieber auf den fliegenden Teppich, da kommst du wenigstens ohne Mühe voran.

Auf dem Boden geblieben heißt ja leider auch, dass man selber laufen muss. Das ist, und wer weiß das nicht, der schwierigere Teil dieser Kür. Wir haben das zwar gelernt aber verlernen es auch gerne, wenn wir dann das symbolische Auto unterm Hintern haben. Das Auto steht für die Bequemlichkeiten und Glücksfälle, die wir haben. Wir ruhen uns aus. Das ist per se natürlich mitnichten verkehrt. Aber wir verlieren dann allzu oft den Blick für’s Wesentliche. (Die 5$ sind bereits im Phrasenschwein).

Wenn ich, wie vor einigen Tagen, dann einen Typen kennenlerne, der mir vorher großspurig etwas von „down to earth“ erzählt und dann anfängt unentwegt über seinen tollen Job mit dem Haufen Kohle erzählt. Mir klarmacht, dass er 3 Autos vor der Tür hat und mit seinem 27 jahren bereits 34 Autos hatte. Dass davon 10 Wagen ein deutsches Modell waren. Genauer gesagt: Porsche und Mercedes Benz mit hohem Buchstaben vor der Zahl. Der mir dann allen Ernstes klarmacht, dass ich unbedingt eine Weltreise machen müsste, weil ich ja sonst eher wenig über diese Welt weiß. Dem die Vorstellung abhanden gekommen ist, dass das vielleicht manchmal am Geld scheitern könnte und dass das fehlende Geld nicht in die Villa investiert wurde. Der mich damit dermaßen in Rage bringt, dass ich total vergessen habe, wie diese Sätze hier angefangen haben und ich damit wenig Chance habe, den richten Abschluss zu finden. Solch ein Typ … ist nicht „down to earth“.

Da schätze ich doch die Menschen, die hier mit fast null Kröten durch die Landschaft backpacken und sich eher einen Kopf darum machen, wie sie möglichst viele interessante Menschen kennenlernen und wahnsinnig aufregende Dinge erleben anstatt sich für 220$ 20 Sekunden lang den Sky Tower runterzustürzen und zuhause zu erzählen, dass Neuseeland das geilste Abenteuer war.

You are „down to earth“, my friends. And I love it!

Kia ora

P.S.: Ich weiß selber, dass das alles zu wirr war. Aber ich musste es einfach mal runtertippen. Weiter geht’s…